Fabian Reinhardt, ist Schweizer Wein für Sie eher ein berufliches oder ein persönliches Thema?
Beides. Beruflich sowieso – in der Gastronomie hat sich in den letzten Jahren viel verändert, was die Offenheit gegenüber Schweizer Wein betrifft. Die Gäste kennen vielleicht eher internationale Klassiker aus dem Bordeaux oder Burgund. Und dann entdecken sie mit Freude grossartige Pinot Noirs aus der Schweiz. Ich stelle aber auch privat fest, wie spannend es ist, Winzerinnen und Winzer kennenzulernen, Weinreisen zu machen und Neues auszuprobieren – auch innerhalb der Schweiz.
Was sind für Sie Gründe für diesen Wandel?
Einerseits hat sich die Qualität stark verbessert, auch durch neue Rebsorten und moderne Weinbaumethoden. Andererseits spüren viele Gäste ein stärkeres Bedürfnis nach Regionalität. Ich selbst kaufe im Weissweinbereich kaum mehr ausländische Weine ein, die Auswahl in der Schweiz ist schlicht hervorragend.
Spiegelt sich das auch auf Ihrer Weinkarte im Zunfthaus zur Waag?
Ja, definitiv. Ich habe das Restaurant vor zweieinhalb Jahren übernommen und den Fokus auf Schweizer Wein seither verstärkt. Unser Angebot ist weiterhin international breit, aber es macht mir grosse Freude, unseren Gästen lokale Weine zu empfehlen.
Wie treffen Sie die Weinauswahl für Ihr Restaurant?
Zürich steht für mich im Zentrum: Die Nähe, der persönliche Bezug zu den Winzerinnen und Winzern, das zählt. Darüber hinaus achte ich auf Sortenvielfalt und Preisgestaltung. Mir ist es wichtig, regionale Besonderheiten hervorzuheben. So wähle ich im Wallis lieber einheimische Sorten anstelle eines weiteren Pinot Noirs. So entsteht eine abwechslungsreiche Karte, die das Land abbildet.
Ein Beispiel für einen regionalen Klassiker ist der Gamay aus Genf. Was reizt Sie an dieser Sorte?
Gamay ist spannend, weil er in Zürich wenig bekannt ist. Genf wird allgemein unterschätzt, obwohl es eine grosse Anbauregion ist. Gamay hat Charakter, ist aber nicht zu schwer. Leicht gekühlt passt er wunderbar zu sommerlichen Gerichten oder Fisch – gerade, wenn jemand einmal keinen Weisswein möchte.
Empfehlen Sie Wein nach klassischen Regeln oder eher nach Gefühl?
Ich bin kein Fan starrer Regeln, am Ende zählt der persönliche Geschmack. Wenn jemand zu Fisch lieber einen Rotwein trinkt, dann suchen wir innerhalb der Auswahl etwas Passendes. Man sollte lediglich darauf achten, dass Wein und Essen vom Gewicht her zusammenpassen. Ein schwerer Wein zu einem leichten Gericht funktioniert selten gut.
Stossen Sie manchmal auf Skepsis gegenüber Schweizer Wein?
Gelegentlich – gerade bei älteren Gästen, die noch negative Erinnerungen an frühere Zeiten haben. Da war im Weinbau oft Quantität statt Qualität gefragt. Aber diese Skepsis bietet auch Chancen: Wenn ich einen Burgunder-Fan mit einem Schweizer Chardonnay überraschen kann, ist das ein echtes Erfolgserlebnis. Es geht darum, mit Qualität zu überzeugen, und davon haben wir heute mehr als genug.
Wie sieht es bei Ihnen zu Hause aus, was trinken Sie privat?
Ich probiere ständig Neues. Es gibt kaum eine Woche, in der ich zweimal denselben Wein trinke. Wenn ich in einer Region bin, trinke ich auch etwas von dort. So lernt man lokale Spezialitäten kennen, was für mich den Reiz ausmacht.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Schweizer Weins?
Ich wünsche mir, dass die hohe Qualität erhalten bleibt und sich die Sortenvielfalt weiterentwickelt. Der Klimawandel stellt uns vor Herausforderungen – ob Piwi-Reben (pilzwiderstandsfähige Rebsorten) die Lösung sind, wird sich zeigen. Wichtig ist, dass Schweizer Wein wettbewerbsfähig bleibt, auch preislich.
Setzen Sie bereits Piwi-Weine ein?
Ja, ich finde das Thema sehr spannend, vor allem im Weissweinbereich. Ich beobachte die Entwicklungen genau und habe auch immer ein, zwei Piwis auf der Karte.
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