Im April 2025 wurde Mikaël Grou, Chef-Sommelier des Restaurants Le Chat Botté im Hotel Beau-Rivage in Genf, an der Hochschule für Weinbau und Önologie in Changins zum besten Sommelier der Schweiz ausgezeichnet. Im Gespräch mit Swiss Wine spricht er über Ausdauer, den Wow-Effekt bei Schweizer Weinen – und über schwierige Kundenwünsche.
Mikaël Grou, haben Sie ein Erfolgsrezept für Ihren Sieg?
Wenn es eines gibt, dann ist es Ausdauer. Ich habe 18 Jahre lang an Wettbewerben teilgenommen – und dabei selten gewonnen. Das Wichtigste war, nicht aufzugeben. Diesmal war ich besser vorbereitet und weniger gestresst, obwohl der Druck nach meinem zweiten Platz 2021 natürlich gross war.
Wie bereitet man sich auf so einen Wettbewerb vor?
Ich habe versucht, mir ein möglichst breites Wissen über Wein, Regionen, Rebsorten, Produktionsmethoden und das kulturelle Erbe anzueignen. Aber man kann nie alles abdecken – dafür ist das Feld zu weit. Man muss neugierig bleiben und sich auch vermeintlich kleine Dinge merken. Zum Beispiel, in welchem Teil des Tessins ein bestimmtes Weindorf liegt.
Was bedeutet für Sie die Rolle des Sommeliers?
Ein Sommelier ist in erster Linie ein Vermittler. Wir vertreten die Winzerin oder den Winzer, welche die eigentliche Arbeit im Weinberg machen. Gleichzeitig geben wir die Philosophie des Küchenchefs weiter. Wir erzählen Geschichten – vom Glas und vom Teller. Und nicht zuletzt arbeiten wir für ein Unternehmen mit wirtschaftlichen Zielen.
Was schätzen Sie an Ihrem Beruf besonders?
Den Kontakt mit den Gästen. Der Speisesaal ist wie eine Bühne – und jeder Tisch ist ein neues Theaterstück. Der direkte Austausch ist das Schönste an meinem Beruf. Klar, auch Inventur oder Vorbereitung gehören dazu, aber der persönliche Dialog ist für mich das Schönste.
Wie gehen Sie mit anspruchsvollen Kundenwünschen um?
Je komplexer, desto spannender. Die Vorbereitung auf Wettbewerbe hilft dabei enorm – sie zwingt uns, über unseren eigenen Keller hinauszudenken. Wenn ein Gast aus Australien nach einem Syrah aus seiner Heimat fragt, muss ich ihm etwas Ähnliches aus der Schweiz anbieten können. Vielleicht keinen identischen, aber einen gleichwertig faszinierenden Wein.
Wie hat sich die Weinkarte während Ihren fünf Jahren im Le Chat Botté verändert?
Während der Pandemie haben viele Gäste Schweizer Weine für sich entdeckt. Als die Restaurants wieder geöffnet waren, wollten sie Neues probieren – ein Impuls, den wir genutzt haben. Heute öffnen wir uns vermehrt Weinen aus Ländern wie Österreich, Deutschland, Ungarn und setzen stärker auf Schweizer Weine, auch aus Regionen wie St. Gallen oder Thurgau.
Ist es schwierig, Ihre Gäste von Schweizer Weinen zu überzeugen?
Gar nicht. Unsere internationale Kundschaft ist offen. Oft kennen sie Schweizer Weine noch nicht und lassen sich gerne überraschen. Ein Amerikaner fragt vielleicht: „Was ähnelt meinem Lieblingswein aus Kalifornien?“ Eine Spanierin sagt, dass sie nur spanische Weine trinke – und wir servieren ihr einen grossartigen Tempranillo aus Genf. Das Ziel ist immer ein kleiner Wow-Effekt.
Welchen Anteil haben Schweizer Weine auf Ihrer Karte?
Etwa ein Sechstel – rund 200 Positionen von insgesamt 73 Seiten. Tendenz steigend.
Gibt es noch Entwicklungspotenzial?
Absolut. Gerade in Genf gibt es viele kleine, spannende Weingüter. Natürlich können wir nicht mit allen arbeiten, aber ich wechsle regelmässig die Selektionen. So bleiben wir aktuell und geben mehreren Produzentinnen und Produzenten die Chance, sich zu zeigen.
Wie wählen Sie neue Weine aus?
Manchmal fehlt uns auf der Karte ein bestimmter Typ – sagen wir ein Gamaret. Dann gehen wir gezielt auf Entdeckungstour. Aber oft überrascht uns am Ende etwas ganz anderes, etwa ein Aligoté. Die Auswahl hängt auch von der Saison und der Speisekarte ab. Was wir heute kaufen, servieren wir vielleicht erst in ein paar Monaten.
Wie geht nun Ihre Wettbewerbskarriere weiter?
Wenn man einen Wettbewerb gewinnt, möchte man natürlich weitermachen. Aber ich muss auch realistisch bleiben und mir vor einem neuen Abenteuer meine Stärken und Schwächen vor Augen führen, um zu entscheiden, ob ich weitermachen oder eine Pause einlegen will. Im Moment bin ich mir dessen noch nicht sicher.
Und wie geht Ihre berufliche Reise weiter?
Ich bleibe Genf treu, wechsle aber in ein anderes Fünf-Sterne-Haus in der Nähe. Der Wechsel hatte nichts mit dem Titel zu tun – das Vertrauen war schon vorher da.
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